Gewinnermittlungsarten – Muss ich Bilanzieren oder reicht eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung?

Die meisten Existenzgründer stellen sich die Frage, ob Sie eine Bilanz am Jahresende erstellen müssen oder nicht. Prinzipiell existieren im deutschen Recht zwei gesetzliche Verpflichtungen. Zum einen das Handelsrecht und zum Anderen das Steuerrecht. Die beiden Rechtsvorschriften sind über eine sogenannte Maßgeblichkeit miteinander verknüpft, so dass bestimmte Sachverhalte sowohl im Steuergesetz als auch im Handelsgesetz geregelt sind. Zur Anwendung können beide kommen.

Wer muss Bilanzieren?

Bilanzieren müssen grundsätzlich nur Kaufleute die ein Handelsgewerbe betreiben. Kaufmann ist wer ein in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt. Dazu muss zunächst ein Handelsgewerbe betrieben werden. Genaue Grenzen zur Kategorisierung gibt das HGB nicht an. Im Steuergesetz gibt es eine Umsatz- und Gewinngrenze, welche eine Buchführungspflicht nach sich zieht. Sofern ein Gewerbetreibender also nicht nach HGB buchführungspflichtig ist, so ist er es beim Überschreiten der Grenzen nach Steuerrecht. Dabei ist ein Gewinn von mehr als 60.000 € oder ein Umsatz von mehr als 600.000 € ausschlaggebend. Vereinfacht kann also der Umsatz und der Gewinn als Anhaltspunkt zur Buchführungspflicht herangezogen werden.

Das Prinzip der Bilanzierung verstehen

Die Bilanzierung ist mehr als nur eine gesetzliche Anforderung, es ist ein Instrument zur Unternehmenssteuerung. Sie erfasst alle Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Durch sie können Unternehmer wichtige finanzielle Informationen über ihr Unternehmen erhalten, wie z.B. die finanzielle Stabilität, Liquidität und Rentabilität. Diese Informationen sind nicht nur für interne Zwecke nützlich, sondern auch für externe Stakeholder wie Investoren, Kreditgeber und Lieferanten.

Die Bilanz erklärt in unterhaltsamer Erzählweise am Beispiel von 30 Tagen aus dem furiosen Leben von Max Erbsenzähler. Neu ist, dieses vermeintlich trockene Thema – im Gegensatz zum typischen Lehrbuch – in unterhaltsamer Erzählweise am Beispiel im privaten Alltag der Hauptfigur „Max Erbsenzähler“ verständlich zu vermitteln, bevor im zweiten Teil des Buches zu Unternehmen mit Auswirkung auf Steuern usw. Stellung genommen wird. Und somit eine große Hilfe u.a. für Existenzgründer ist.

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Wie sieht das Gliederungsschema der Bilanz aus?

Die Gliederung der Bilanz ist in der Handels- und Steuergesetzgebung festgelegt und folgt einem bestimmten Schema. Die Aktivseite zeigt, in welche Vermögenswerte das Kapital des Unternehmens investiert wurde. Die Passivseite zeigt, woher dieses Kapital stammt - entweder aus Eigenkapital (Kapital der Eigentümer) oder aus Fremdkapital (geliehenes Kapital). Jeder Unternehmer sollte in der Lage sein, seine Bilanz zu lesen und zu verstehen.

Wie lauten die Bewertungsgrundsätze in der Bilanz?

Bei der Bilanzierung sind bestimmte Bewertungsgrundsätze zu beachten. Diese regeln, wie Vermögensgegenstände und Schulden zu bewerten sind. Die wichtigsten Grundsätze sind der Grundsatz der Einzelbewertung, der Grundsatz der Vorsicht, der Grundsatz der fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Grundsatz der Periodenabgrenzung. Diese Grundsätze sicherzustellen, ist entscheidend für die Genauigkeit und Aussagekraft der Bilanz.

Was muss man zur Bilanzanalyse wissen?

Die Bilanz ist die Grundlage für die Bilanzanalyse, eine Methode zur Beurteilung der finanziellen Lage eines Unternehmens. Mit ihr können Sie Kennzahlen wie die Eigenkapitalquote, die Umsatzrentabilität und die Liquidität berechnen. Diese Kennzahlen geben Aufschluss darüber, wie gut ein Unternehmen finanziell aufgestellt ist und ob es in der Lage ist, seine kurz- und langfristigen Verpflichtungen zu erfüllen.

Kaufmannseigenschaften - Was ist ein Kaufmann?

Als Kaufmann bezeichnet man im rechtlichen Sinne (nach HGB) jeden, der ein Handelsgewerbe betreibt. Jeder Gewerbebetrieb ist Handelsgewerbe. Eine Ausnahme bilden Unternehmen, die nach ihrer Art oder ihrem Umfang einen in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht benötigen (zum Beispiel Kleingewerbetreibende).

Es existieren derzeit 6 Formen des Kaufmanns. Diese werden im Handelsgesetz definiert und zusammenfassend als Kaufmannseigenschaften bezeichnet. Da es keinen einheitlichen Typ "Kaufmann" gibt, hat das Handelsgesetz eben in mehrere Formen unterschieden. Im Einzelnen gibt es diese 6 Kaufmannsarten:

  • Istkaufmann
  • Kannkaufmann nach § 2 HGB
  • Kannkaufmann nach § 3 HGB
  • Fiktivkaufmann
  • Scheinkaufmann
  • Formkaufmann

Der Istkaufmann ist Kaufmann aufgrund der Größe bzw. Umfang seines Gewerbebetriebs. Er ist verpflichtet, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen. Doch auch wer sich nicht eintragen lässt, ist dennoch Kaufmann. Das heißt also, die Eigenschaft des Kaufmanns erwirbt er nicht mit Eintragung in das Handelsregister, sondern mit Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit. Die Frage die sich hier stellt ist natürlich, ab wann denn der Umfang oder die Größe des Unternehmens erreicht ist, dass ein Unternehmer als "Istkaufmann" gilt? Die Kriterien sind nicht starr festgelelgt, sondern es werden dabei eine Vielzahl an Faktoren berücksichtigt. Das Gesetz ist deswegen so formuliert, dass im Zweifelsfall der Unternehmer beweisen muss, dass er kein Kaufmann ist.

Der Kleingewerbetreibende ist kein Kaufmann im Sinne des HGB. Er kann aber die Kaufmannseigenschaft erwerben, wenn er sich auf seinen eigenen Wunsch hin in das Handelsregister eintragen lässt. Der Kannkaufmann sollte diese Eintragung aber gut bedenken, weil er somit Buchführungspflichten gemäß der § 238 HGB. erfüllen und die Rügeobliegenheiten berücksichtigen muss. Lässt er sich eintragenm ist der Kannkaufmann nach § 2 HGB.

Was für Gewerbetreibende gilt, gilt auch für Unternehmer aus der Land- und Forstwirtschaft. Sofern sie sich freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen, sind sie Kannkaufmann nach § 3 HGB.

Der Fiktivkaufmann ist ein Gewerbetreibender, der aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes mit seinem Unternehmen ins Handelsregister eingetragen ist. Somit wird er als Kaufmann behandelt, auch wenn er gar kein Handelsgewerbe betreibt.

Der Scheinkaufmann ist gesetzlich nicht geregelt. Es ist eine Person, die durch ihr Verhalten den Anschein erweckt, Kaufmann zu sein, obwohl dies nicht der Wirklichkeit entspricht. Da er eben den Anschein erweckt, muss er auch alle damit verbundenen Konsequenzen in Kauf nehmen und muss daher auch wie ein Kaufmann haften.

Der Formkaufmann ist aufgrund seiner Rechtsform als Kaufmann einzuordnen. Zu den Formkaufleuten gehören:

  • Offene Handelsgesellschaften (OHG)
  • Kommanditgesellschaften (KG)
  • Aktiengesellschaften (AG)
  • Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA)
  • eingetragene Genossenschaften (eG).
  • europäische Aktiengesellschaft und Genossenschaft

Ausnahmen von der Buchführungspflicht

Die Buchführungspflicht gilt nicht für Freiberufler. Auch Land- und Forstwirte werden dahingehend etwas anders behandelt.

Der Existenzgründer sollte am Beginn seiner Tätigkeit also nie eine Bilanz erstellen lassen, sofern er im ersten Jahr obige Grenzen nicht überschreitet. Nicht zuletzt ist es auch eine Kostenfrage, denn die Erstellung einer Bilanz ist immer aufwendiger und damit teurer als die einer Einnahme-Überschuss- Rechnung (EÜR).

Die EÜR ist demzufolge für Existenzgründer und kleine Gewerbetreibende vollkommen ausreichend.

Haben Sie schon die Formulare zur EÜR gesehen?

Für alle Unternehmen, die nicht bilanzieren müssen, ist die Einnahmenüberschussrechnung maßgeblich. Dazu existieren unterschiedliche Formatvorgaben von der Finanzverwaltung. Zum einen das amtliche Formular zur Einnahmenüberschussrechnung (EÜR), aber auch eine formlose Gewinnermittlung ist möglich. Zu beiden Fällen habe ich Vordrucke, Downloads und Formulare zur Verfügung gestellt.

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Vorteile der Bilanzierung

  • periodengerechte Gewinnermittlung (nicht nur nach Geldein- und ausgang)
  • bessere Kontrolle durch Übersicht des Vermögens (z.B. wenn es Mitunternehmer gibt - wer hat wie viele Entnahmen oder Einlagen getätigt?)
  • Finanzierungsgespräch mit der Bank

Was zeichnet eine GuV-Rechnung aus?

Die Gewinn- und Verlustrechnung (abgekürzt GuV) ist eine Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen einer bestimmten Zeitperiode, hauptsächlich eines Geschäftsjahres, zur Ermittlung des Jahresüberschusses oder -fehlbetrages eines Unternehmens und zur Darstellung von Quellen des unternehmerischen Erfolges. Sofern die Erträge überwiegen, hat das jeweilige Unternehmen einen Gewinn, andernfalls entsteht ein Verlust.

Aufbau der Gewinn- und Verlustrechnung

Konto- oder Staffelform

Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) kann in Konto- oder Staffelform aufgebaut werden.

Beim Aufbau der Gewinn- und Verlustrechnung in Kontoform wird das Ergebnis als Saldo entweder auf der Soll-Seite (auch Aufwandsseite) bei Gewinn oder auf der Haben-Seite (auch Ertrags- oder Erlösseite) bei Verlust gezeigt.

Die Staffelform ist deutlich übersichtlicher und deshalb für Kapitalgesellschaften zwingend vorgeschrieben. Dabei werden Erträge den Aufwendungen vertikal fortlaufend gegenübergestellt. Das Jahresergebnis wird somit stufenweise in mehreren Zwischenschritten ermittelt.

Die einmal gewählte Darstellungsform ist in der Regel für die folgenden Wirtschaftsjahre beizubehalten, genauso wie die Postenbezeichnung und Postenfolge. Somit wird die Vergleichbarkeit der Gewinn- und Verlustrechnungen gewährleistet.

Brutto- oder Nettoprinzip

Nach dem Bruttoprinzip müssen alle Aufwands- und Ertragspositionen in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert, also ohne Saldierung aufgeführt werden. Somit wird ein tiefgehender Einblick in die Erfolgsquellen gewährleistet.

Das Nettoprinzip ermöglicht eine teilweise Saldierung, also die Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen. Es ist jedoch unzulässig, dieses Verfahren regelmäßig anzuwenden, denn die GuV-Rechnung dann an Aussagefähigkeit verliert. Nach geltendem Recht dürfen nur kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften wahlweise einzelne Posten zusammenfassen.

Gesamt- oder Umsatzkostenverfahren

Die Gewinn- und Verlustrechnung kann nach zwei unterschiedlichen Methoden erstellt werden: dem Gesamtkostenverfahren (GKV) oder dem Umsatzkostenverfahren (UKV). Beim GKV werden alle erzielten Erlöse der betrachteten Rechnungsperiode den gesamten Kosten der Periode gegenübergestellt. Beim UKV werden die in einem Zeitraum erzielten Erlöse nur jenen Aufwendungen gegenübergestellt, die für die verkauften Produkte angefallen sind (Umsatzkosten). Die beiden Verfahren führen zum gleichen Ergebnis, bieten aber unterschiedliche Einblicks- und Analysemöglichkeiten.

Welche Rolle spielt der Steuerberater bei der Bilanzierung?

Die Erstellung einer Bilanz erfordert spezifisches Wissen und Erfahrung, und Fehler können schwerwiegende finanzielle und rechtliche Konsequenzen haben. Daher ist es ratsam, die Unterstützung eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen. Ein Steuerberater kann nicht nur bei der Erstellung der Bilanz helfen, sondern auch steuerliche Aspekte berücksichtigen, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind und um mögliche Steuereinsparungen zu identifizieren.

Was muss ich zur Bilanzpolitik und Bilanzgestaltung wissen?

Die Bilanz ist nicht nur ein Spiegelbild der finanziellen Situation eines Unternehmens, sie kann auch als Werkzeug zur strategischen Unternehmensführung eingesetzt werden. Durch gezielte Bilanzpolitik und Bilanzgestaltung können Unternehmer ihre Bilanzen im Rahmen der gesetzlichen Spielräume so gestalten, dass sie bestimmte Ziele erreichen, wie z.B. die Verbesserung ihrer Bonität oder die Optimierung ihrer Steuerlast. Diese Aspekte der Bilanzierung sind jedoch sehr komplex und sollten von Experten durchgeführt werden.

Wie wird die Umstellung von EÜR auf Bilanzierung durchgeführt?

Wenn ein Unternehmen wächst und die gesetzlichen Grenzen für die Einführung der Bilanzierung überschreitet, steht es vor der Herausforderung der Umstellung von der EÜR auf die Bilanzierung. Diese Umstellung erfordert eine Reihe von Schritten und Anpassungen, z.B. die Einführung einer doppelten Buchführung und die Erstellung eines Eröffnungsbilanzstichtages. Dieser Prozess kann komplex sein und erfordert in der Regel die Unterstützung eines Steuerberaters.

  • Entscheiden Sie sich aufgrund Ihrer persönlichen Situation für die einfache Buchführung (EÜR) oder die doppelte Buchführung (Bilanzierung)!
  • Sortieren Sie Ihre Belege, und legen Sie sich ein ordentliches Buchführungssystem an!
  • Kaufen Sie sich eine vernünftige Buchführungssoftware!
  • Lassen Sie sich von einem Steuerberater beraten!
Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.