Durch die Marktdurchdringung erfolgreich selbständig

Nachdem Sie sich im letzten Artikel über die Produktmodifikation informiert haben, welche nur eine der vielen Varianten des Geschäftsidee findens darstellt, wenden wir uns nun Ansoffs viertem Ansatzpunkt für eine Geschäftsidee zu: der Marktdurchdringung.

Marktdurchdringung: Gründung mit bestehenden Produkten

Bei der Marktdurchdringung springen Sie quasi auf einen fahrenden Zug auf. Sie wählen ein bereits etabliertes Produkt oder eine Dienstleistung, und versuchen, sich ein Stück des Marktes zu sichern. Ist der Markt bereits gesättigt, konzentrieren Sie sich darauf, der Konkurrenz Marktanteile streitig zu machen. Handelt es sich hingegen um einen Wachstumsmarkt (Solar oder Internet), steigen Sie mit ein und wachsen mit.

Chancen und Risiken der Marktdurchdringung

Die Marktdurchdringung geht mit einem geringen unternehmerischen Risiko einher. Sie wissen bereits im Vorfeld, dass Ihr Produkt akzeptiert wird und können anhand von entsprechenden Marktstudien in Erfahrung bringen, welches potentielle Wachstum der Markt ermöglicht. Sie können sich voll darauf konzentrieren, die Bestrebungen Ihrer Wettbewerber zu untergraben und ein erfolgreicheres Marketing aufzubauen.

Damit Sie mit der Marktdurchdringung Erfolg haben, benötigen Sie allerdings eine gute Strategie. Sie sollten Ihren Markt bis ins letzte Detail kennen, die Potenziale ebenso wie die Risiken kennen und Ihre Zielgruppe genau erforschen. Ungenauigkeiten bei der Marktforschung können schnell verheerende Folgen nach sich ziehen und zur echten Stolperfalle werden. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um einen bereits gesättigten Markt handelt.

Gesättigte Märkte vs. Wachstumsmärkte

Sobald Sie das Produkt gefunden haben, das Sie vermarkten möchten, müssen Sie Ihren Markt identifizieren. Hier gibt es zwei grundsätzliche Arten von Märkten sowie die zugehörigen Strategien:

Arten von Märkten

Strategie

Gesättigter Markt, der bereits unter den Wettbewerbern aufgeteilt ist

Sie müssen Ihren Wettbewerbern Marktanteile abringen. Mittels einer Konkurrenzanalyse ermitteln Sie die eklatantesten Schwachstellen der Konkurrenz und setzen an diesem Punkt mit Ihrer verbesserten Marketingstrategie an.

Wachstumsmarkt, alle Wettbewerber sind noch im Wachstum begriffen

Sie steigen in den Markt ein und nehmen am Wachstum des Marktes teil. Behalten Sie die Dynamik und das Potential des Marktes im Auge, um Ihre Wachstumschancen ideal auszunutzen.

Methoden der Marktdurchdringung

Je nachdem, wie der gewählte Markt im Detail beschaffen ist und welche Schwächen Ihre Wettbewerber aufweisen, können sich für Sie eine Vielzahl möglicher Ansatzpunkte für eine Marktdurchdringung bieten:

  • Kundenservice:
    Bieten Sie mehr oder einen besseren Service als Ihre Wettbewerber.
    Beispiel: Sie wissen, dass Ihr größter Konkurrent für extrem lange Warteschleifen an der Telefonhotline bekannt ist. Sie bieten dasselbe Produkt an, garantieren jedoch eine Hotline ohne Warteschleifen, offerieren einen Rückrufservice oder einen E-Mail-Service mit kurzer Reaktionszeit.
  • Standort:
    Durch einen besseren Standort können sich insbesondere für lokal ansässige und agierende Unternehmen Vorteile in der Vermarktung ergeben.
    Beispiel: In Ihrem Ort gibt es nur ein kleines Restaurant in einer verwinkelten Seitengasse ohne Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe. Sie entscheiden sich bei der Eröffnung Ihres neuen Restaurants für die Lage in der Innenstadt, direkt neben einem kostengünstigen, öffentlichen Parkplatz.
  • Lieferzeiten:
    Bieten Sie Ihren Kunden kürzere Lieferzeiten als die Konkurrenz.
    Beispiel: Amazon hat vorgemacht, wie es funktioniert: Gegen einen geringen Betrag pro Jahr werden Interessenten zu Prime-Kunden und profitieren vom kostenfreien Express-Versand mit der Lieferung bereits am nächsten Tag.
  • Preis:
    Verkaufen Sie das Produkt zu einem günstigeren Preis. Diese Strategie wird insbesondere in gesättigten Märkten häufig angewandt.
    Beispiel: Noch vor wenigen Jahren bezahlten Verbraucher für ein herkömmliches Notebook 800 bis 1.200 Euro. Inzwischen sind gute Standard-Modelle bereits ab 300 Euro erhältlich – eine Folge der zunehmenden Marktsättigung im Elektroniksektor.
  • Vertriebswege:
    Neben dem direkten Einkauf im Ladengeschäft gibt es viele mögliche Vertriebswege (z. B. Onlineshop, Katalogversand, Lieferservice). Erstellen Sie eine Marktanalyse, prüfen Sie welche Wege Ihre Konkurrenz (noch) nicht abdeckt und ergreifen Sie Ihre Chance.
    Beispiel: Erst seit wenigen Jahren testen Supermärkte erfolgreich die Auslieferung der Einkäufe ihrer Kunden per Lieferwagen im Stadtgebiet und heben sich so von der Konkurrenz ab.
  • Marketing:
    Sie nutzen andere Marketingmethoden und ergreifen effizientere Werbemaßnahmen, um die Konkurrenz auszustechen. Zum Beispiel Bierdeckelwerbung oder Werbung auf Bierfahnen.
    Beispiel: Ein örtlicher Bäcker schaltet lediglich in der lokalen Tageszeitung Werbung. Als neuer Bäcker vor Ort haben Sie daher unterschiedlichste Möglichkeiten, um wirksam zu werben, von Flyern über Postwurfsendungen bis hin zu Sonderaktionen, Werbeangeboten uvm.
  • Zielgruppenidentifikation:
    Sprechen Sie Zielgruppen gezielt an, die von Ihren Wettbewerbern noch nicht als solche identifiziert wurden. Sie können damit auch in gesättigten Märken bisherige Nichtnutzer in Kunden verwandeln.
    Beispiel: Seniorenhandys (siehe dazu den Rentershop) sind im Prinzip keine großartige Neuerung – es handelt sich nur um Mobiltelefone mit abgespecktem Funktionsumfang. Durch die Betitelung als Seniorenhandy sprechen Sie jedoch automatisch eine Zielgruppe an, die mit Mobiltelefonen früher nichts zu tun hatte.

Welche dieser Maßnahmen wirklich Erfolg haben, hängt vom gewählten Markt, der Vorgehensweise Ihrer Wettbewerber sowie von der Verhandlungsmacht der Verbraucher ab.

Die vier grundlegenden Möglichkeiten, um sich geschäftlich zu orientieren, die Ihnen die Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff vorgibt, kennen Sie nun. Im nächsten Schritt beschäftigen wir uns damit, ob es Sinn macht, Geschäftsideen zu kaufen.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.