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Nicht wenige Unternehmer starten Ihre nebenberufliche Selbständigkeit bereits in einer Zeit, in der sie noch in einem festen Arbeitsverhältnis stehen. Nach der Beendigung der Haupttätigkeit bspw. durch Insolvenz oder eine betriebsbedingte Kündigung stellt sich die nebenberufliche Tätigkeit als großer Vorteil heraus. Der Unternehmer kann neben seinem Arbeitslosengeld I auf einen soliden Freibetrag zurückgreifen, den wir im folgenden Artikel näher erläutern wollen.
Zudem erhalten Sie auch einen Überblick über weitere Freibeträge, die während des Bezugs von Arbeitslosengeld I im Nebenberuf Selbstständigen gewährt werden.
Sie können während des Bezugs von Arbeitslosengeld I nebenbei Geld hinzuverdienen. Der Arbeitsagentur ist es dabei grundsätzlich egal, ob Sie die Einnahmen als Selbstständiger oder Angestellter erzielen. Voraussetzung ist dabei nur, dass Sie regelmäßig weniger als 15 Stunden pro Woche dafür einsetzen. Falls einmal eine Woche dabei ist, in der Sie mehr als 15 Stunden arbeiten, aber ansonsten weniger, dann ist das kein Grund, die Leistungen zu kürzen. Doch wenn Sie regelmäßig mehr als 15 Stunden pro Woche einsetzen bedeutet das, dass Sie aus Sicht der Agentur nicht mehr arbeitslos sind und keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld I haben.
Wichtig ist auch, dass Sie der Arbeitsagentur eine Nebenbeschäftigung sowie die Höhe der Einnahmen melden. Normalerweise spätestens am Tag der Aufnahme der Tätigkeit respektive Beschäftigung. Zu den spezifischen Voraussetzungen der einzelnen Freibeträge kommen wir später.
Sie können während des Bezugs von Arbeitslosengeld I mindestens 165 Euro pro Monat als Selbstständiger dazuverdienen, ohne dass es Ihnen angerechnet wird. Wenn Sie zum Beispiel während der Arbeitslosigkeit eine Existenzgründung im Nebengewerbe durchführen, dann haben Sie einen Freibetrag von 165 Euro monatlich. Sie können natürlich auch mehr dazuverdienen. Allerdings wird Ihnen dann das ALG I entsprechend gekürzt.
Sie können diesen Freibetrag erhöhen. Das ist dann möglich, wenn Sie bereits vor der Arbeitslosigkeit neben ihrer Angestelltentätigkeit zum Beispiel ein Nebengewerbe betrieben und Einnahmen erzielt hatten.
Eine „automatische” Erhöhung des Freibetrags um 30 Prozent findet auch statt, wenn Sie eine selbstständige Tätigkeit nebenbei ausüben. Denn dann werden Ihnen 30 Prozent der Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit als Betriebsausgaben angerechnet. Wenn Sie höhere Betriebsausgaben nachweisen können, dann können diese berücksichtigt werden.
Der grundlegende Freibetrag in Höhe von 165 Euro monatlich steht jedem zu. Diese Hinzuverdienstgrenze greift bei einer neu aufgenommenen Beschäftigung. Oder einer Tätigkeit, die Sie erst weniger als 12 Monate nebenbei durchführen.
Sofern Sie bereits vor der Arbeitslosigkeit Einnahmen aus einer nebenberuflichen Selbstständigkeit hatten, so wird Ihnen das Durchschnittseinkommen als weiterer Freibetrag angerechnet.
Nehmen wir an, der Unternehmer hat gleichzeitig in den letzten 18 Monaten noch einen Minijob ausgeübt. Er verdiente durchgängig monatlich 300 Euro. Diesen Minijob übt er auch nach Beginn der Arbeitslosigkeit weiter aus und erhält den gleichen Betrag. Für diesen Minijob erhält der Arbeitslose einen weiteren Freibetrag von 300 Euro – damit ist dieser Nebenverdienst komplett anrechnungsfrei.
Sie könnten hier demnach insgesamt 3 Freibeträge in Anspruch nehmen. Bedingung ist aber in jedem Fall, dass Sie insgesamt dafür weniger als 15 Stunden pro Woche aufwenden.
Im vorherigen Abschnitt haben wir erfahren, dass Sie einen zusätzlichen Freibetrag erhalten, wenn Sie bereits vor dem Bezug von Arbeitslosengeld I eine Nebenbeschäftigung hatten. Allerdings gibt es hier einen zeitlichen Aspekt zu berücksichtigen:
Wird in den letzten 18 Monaten vor Beginn des Anspruchs auf ALG 1, mindestens für 12 Monate eine nebenberufliche Tätigkeit ausgeführt, wird vom Arbeitsamt ein zusätzlicher Freibetrag gewährt. Dabei ist es unerheblich, ob diese Tätigkeit auf selbständiger oder unselbständiger Basis geleistet wurde. Der Freibetrag steht Arbeitslosen mit einer Nebentätigkeit zu. Auch hier gilt, dass diese Beschäftigung weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wurde.
Stellen Sie sich vor, Sie gründen während der Arbeitslosigkeit ein Nebengewerbe. Gehen wir auch mal davon aus, dass Sie sofort Einnahmen erzielen. Wie viel können Sie dann maximal hinzuverdienen, ohne dass Ihnen das Arbeitslosengeld gekürzt wird?
Einnahmen | 235 Euro |
- Betriebsausgaben | ~ 70 Euro (pauschal 30 %) |
= Gewinn | 165 Euro |
Da Sie pauschal 30 Prozent der Einnahmen als Betriebsausgaben angerechnet bekommen, könnten Sie 235 Euro pro Monat ohne Abzug hinzuverdienen. 165 Euro stehen Ihnen sowieso als Freibetrag zur Verfügung. Wenn Sie höhere Betriebsausgaben haben und diese nachweisen können, werden Ihnen diese angerechnet.
Jeder Euro, den Sie im o.g. Beispiel mehr verdienen, mindert Ihr Arbeitslosengeld I entsprechend um rund 0,70 Euro.
Beispiel:
Einnahmen | 300 Euro |
- Betriebsausgaben | 90 Euro (pauschal 30 %) |
= Zwischensumme | 210 Euro |
- Freibetrag | 165 Euro |
= Gewinn nach Freibetrag | 45 Euro |
Die 45 Euro werden Ihnen vom Arbeitslosengeld I abgezogen.
Wurde die Nebentätigkeit durchgängig bis zum Beginn der Erwerbslosigkeit geleistet, wird das Einkommen der letzten 12 Monate berücksichtigt. Anders sieht es bei einer nicht durchgängigen Nebenbeschäftigung aus. In diesem Fall wird das Nebeneinkommen der letzten 12 Monate addiert und durch zwölf geteilt. Der Freibetrag pro Monat beläuft sich dann auf ein Monatsdurchschnittseinkommen aus den letzten 12 Monaten.
Beispiel
Vom 01.01.2020 bis 31.12.2021 (insgesamt 24 Monate) war der Unternehmer durchgängig nebenberuflich selbstständig tätig, der Gewinn betrug monatlich 500 Euro. Im Zeitraum vom 01.01.2022 bis 30.06.2022 konnte er sich aus familiären Gründen nicht um seine Selbstständigkeit kümmern. Sein Arbeitgeber spricht aus betriebsbedingten Gründen eine Kündigung zum 30.06.2022 aus.
Der nun Arbeitslose kann für den Gewinn aus seiner nebenberuflichen Selbstständigkeit bei der Berechnung seines Arbeitslosengeldes einen Freibetrag beanspruchen. Dieser ermittelt sich folgendermaßen:
In den letzten 12 Monaten vor Beginn der Arbeitslosigkeit verdiente der Anspruchsberechtigte vom
Zeitraum | Monate | Gewinn / Monat in Euro | Gewinn gesamt in Euro |
---|---|---|---|
01.07.2021 – 31.12.2021 | 6 | 500 | 3.000 |
01.01.2022 – 30.06.2022 | 6 | 0 | 0 |
Gesamtgewinn | 3.000 |
Da der nebenberuflich Selbstständige nicht durchgehend in den letzten 12 Monaten tätig war, wird vom Gesamtgewinn ein Zwölftel als monatlicher Freibetrag errechnet, ein Zwölftel von 3.000 Euro (3.000/12) ergibt einen (zusätzlichen) Freibetrag von 250 Euro pro Monat. Wäre der nebenberuflich Selbstständige durchgehend tätig gewesen, so würde der zusätzliche Freibetrag entsprechend 500 Euro betragen.
"Ein zusätzlicher Freibetrag kann berücksichtigt werden, wenn Sie in den letzten 18 Monaten vor Beginn des Arbeitslosengeldes neben einem Versicherungspflichtverhältnis mindestens 12 Monate eine Nebenbeschäftigung von unter 15 Stunden wöchentlich ausgeübt haben. Die Höhe dieses zusätzlichen Freibetrages richtet sich nach dem durchschnittlichen Einkommen, das in den letzten 12 Monaten vor dem Anspruch auf Arbeitslosengeld erzielt wurde, beträgt jedoch mindestens 165 Euro monatlich."
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch hier oder direkt bei Ihrer Arbeitsagentur.
Bei dieser Konstellation kombinieren wir die beiden o.g. Beispiele.
Einnahmen aus neuer selbstständiger Nebentätigkeit | 235 Euro |
Einnahmen aus bestehender Nebentätigkeit | 250 Euro |
- Betriebsausgaben aus neuer Nebentätigkeit | 70 Euro |
- Freibetrag 1 | 165 Euro |
- Freibetrag 2 | 250 Euro aus bestehender Nebentätigkeit vor Arbeitslosigkeit |
Summe | 0 Euro |
In dem Fall würde Ihnen das ALG I nicht gekürzt werden. Wenn Sie mehr verdienen, dann erfolgt eine entsprechende Kürzung.
Im vierten Beispiel beschreiben wir die Konstellation Minijob, Nebengewerbe und ALG I. Auch hier gilt, wie bei den bereits genannten Beispielen, dass es zunächst einen Freibetrag von 165 Euro im Monat gibt. Dieser kann aufgestockt werden, wenn Sie innerhalb der letzten 18 Monate für mindestens 12 Monate den Minijob oder das Nebengewerbe ausgeübt haben.
Sie können die Zahlen aus den o.g. Beispielen auch durch einen Minijob oder eine andere angestellte Tätigkeit ersetzen. Anstatt Betriebskosten können Sie dann womöglich Werbungskosten geltend machen. Hier gibt es aber keine Pauschalen, sondern nur wie sie tatsächlich angefallen sind, wie zum Beispiel Fahrtkosten. Berücksichtigen Sie zudem bitte auch, dass Sie weniger als 15 Stunden pro Woche dafür aufwenden, da Sie ansonsten aus Sicht der Arbeitsagentur nicht mehr als arbeitslos gelten.
Sofern Sie einen Minijob oder eine Beschäftigung als Angestellter ausüben, dann gilt der Netto-Verdienst. Also der Betrag, den Sie tatsächlich auf Ihr Girokonto ausgezahlt bekommen. Sind Sie selbstständig im Nebenerwerb, dann gibt es ja kein Brutto und Netto. In dem Fall gelten die Einnahmen abzüglich der Betriebskosten.
Sie melden die Nebentätigkeit der Arbeitsagentur entweder postalisch mit den entsprechenden Formularen oder am einfachsten gleich online.
In dem Fall melden Sie der Arbeitsagentur im Monat danach Ihre Einnahmen. Die Agentur berechnet dann Ihren Anspruch auf ALG I und zahlt diesen dann in der Folge entsprechend aus.
Wenn Sie Arbeitslosengeld I beziehen, dann gibt es durchaus einige Möglichkeiten, Geld dazuzuverdienen. Insbesondere dann, wenn Sie Ihr Nebengewerbe oder Nebentätigkeit bereits seit einiger Zeit vor der Arbeitslosigkeit ausgeübt haben. Denn dann können Sie auch ohne Weiteres diese Einnahmen weiterhin dazuverdienen, ohne das Ihr Anspruch auf ALG I gekürzt wird. Die entsprechenden Voraussetzungen dafür haben Sie im Artikel kennengelernt.
Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.