Finanzamt kassiert weiter 6% Nachzahlungszinsen von Unternehmern
Das die Zinserträge auf Sparguthaben unter der „echten” Inflationsrate liegen, ist seit Jahren Realität. Schlimmer ist jedoch: Der Fiskus darf weiterhin Nachzahlungszinsen von Unternehmern in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat bzw. 6 Prozent p.a. berechnen. Die Richter des Finanzgerichts Münster sahen diesen Zinssatz als “verfassungsgemäß”. Doch demnächst soll der Bundesfinanzhof endgültig darüber entscheiden.

Münster, 01. März 2018 - Das Gründerlexikon berichtete bereits vergangenes Jahr über die Hintergründe, wie die Richter zur Einschätzung kamen, dass die Höhe der Nachzahlungszinsen verfassungsgemäß sind.
Neben dem Bund der Steuerzahler gibt es immer mehr Gruppierungen, die sich für eine Senkung des Zinssatzes aussprechen. So hat das Institut der Wirtschaftsprüfer ein Positionspapier veröffentlicht, in dem es sich für eine Marktgerechte Verzinsung ausspricht. Die Verfasser des Papiers sehen dabei einen Zinssatz von 3,5 bis 4,5 Prozent als angemessen. Der Bund der Steuerzahler möchte den Satz sogar halbieren, sprich auf 0,25 Prozent pro Monat oder 3 Prozent p.a.
Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des Instituts für Wirtschaftsprüfer führte in einem Interview mit der F.A.Z. an, dass der Gesetzgeber den Bezug zum aktuellen Marktzinsumfeld verloren habe. Auch Herr Sebastian Wagner berichtet regelmäßig über die aktuelle Zinsentwicklung. Dort ist ersichtlich, dass Banken einem Unternehmer ein Darlehen mit 10 Jahren Laufzeit für um die 1,0 Prozent anbieten. Der Fiskus hingegen verlangt das 6-fache, was schon fast an Wucher grenzt.
Gesetzgeber hat Zinssatz seit über 50 Jahren nicht geändert
Die Richter des FG Münsters führten unter anderem zur Begründung an, dass der Gesetzgeber bewusst diesen Zinssatz bisher nie geändert habe. In Zeiten, in denen die Marktverzinsung deutlich über den 6 Prozent lag (und solche Zeiten gab es), wurde der Zinssatz auch nicht nach oben angepasst. Es handle sich vielmehr um eine “Typisierung über einen sehr langen Zeitraum”.
Bundesfinanzhof soll in Kürze darüber entscheiden
Unternehmer die Steuernachzahlungen oder Stundungen zu leisten haben, müssen diese dem Fiskus mit 6 Prozent p.a. verzinsen. Der o.g. Verband stellt im Interview mit der F.A.Z. fest: „Die Mehrergebnisse aus der Umsatzsteuer fallen sogar geringer aus als die Zinseinnahmen.”
Die Richter des FG Münster haben jedoch die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen. Dieser soll sich nun demnächst mit der Sache eingehend beschäftigen. Das Gründerlexikon wird seine Leser weiter auf dem Laufenden halten, welche Entscheidungen hier getroffen werden. Betroffene Unternehmer können bis dahin ein Ruhen des Verfahrens beantragen, mit Hinweis auf das laufende Verfahren beim Bundesfinanzhof. Im Zweifelsfall sollten Unternehmer den Steuerberater konsultieren.
Update: BFH entscheidet zugunsten des Fiskus
Der Bundesfinanzhof hat nun endgültig darüber entschieden. Die Richter sind der Meinung, dass der Fiskus auch weiterhin die horrenden Zinsen von 6,0 Prozent p.a. ansetzen darf. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Höhe der Zinsen weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen die Verhältnismäßigkeit verstoßen.
Im konkreten Fall ging es um einen Steuerzahler, dessen Steuerbescheid nach einigem Hin und Her fast 2 Jahre später festgesetzt wurde und er demnach rund 11.000 Euro an Zinsen (!) zahlen musste. Unternehmer müssen daher auch weiterhin die 0,5 Prozent pro Monat an Zinslast einkalkulieren.