Diese Voraussetzungen müssen Sie für die Ausbildung von Lehrlingen erfüllen

Viele Existenzgründer entscheiden sich früher oder später dazu, einen Auszubildenden einzustellen. Dies erfordert allerdings eine gute Vorbereitung und die Klärung der Voraussetzungen. Denn ein Auszubildender kommt nicht einfach als billige Arbeitskraft daher, Sie sollen ihm etwas beibringen und ihn sowohl auf seine Abschlussprüfung als auch auf sein zukünftiges Berufsleben vorbereiten.

Pro und kontra: Sollte ich einen Auszubildenden beschäftigen?

Zunächst sollten Sie sich darüber klarwerden, welche negativen Seiten ein Auszubildender mitunter haben kann und ob für Sie die positiven oder die unerwünschten Effekte überwiegen:

Pro Ausbildung:

  • Auszubildender kann schnell produktiv mitarbeiten, zumindest an einfachen Aufgaben
  • oftmals bleibt der bereits gut eingearbeitete Azubi dem Betrieb nach der Ausbildung erhalten
  • Fachkräftenachwuchs aus den eigenen Reihen
  • bei der Übernahme keine Kosten für die Personalrekrutierung
  • Risiko von Fehlbesetzungen nach der Ausbildung ist minimal
  • flexibler Einsatz möglich
  • positiver Einfluss auf das Unternehmensimage („die bilden aus“)

Kontra Ausbildung:

  • hohe Kosten für die Ausbildung (z. B. Ausbildungsvergütung, Ausbilder, Sachkosten, Prüfungsgebühren, Lernmaterialien)
  • hoher Aufwand für die Unterweisung des Lehrlings
  • Mangel an geeigneten Bewerbern
  • die lange Ausbildungsdauer
  • häufige Unterbrechung der Einsatzmöglichkeiten im Betrieb, besonders bei Blockunterricht

Insbesondere sollten Sie sich dessen bewusst sein, dass mit Auszubildenden durchaus auch Probleme auf Sie zukommen können. Heutzutage hat man es oftmals mit Bewerbern zu tun, denen bereits elementares Grundwissen aus der Schule fehlt, die keine Umgangsformen besitzen, unzuverlässig sind oder nicht bereit sind, sich unterzuordnen. Es gibt viele Gründe, aus denen die Einstellung von Lehrlingen scheitert. Wenn Sie sich aber auf die Bedürfnisse der „Generation Z“, die sich aktuell auf Lehrstellen bewirbt, einstellen, können Sie auch hier geeignete Azubis finden.

Erfahrung aus der Praxis

Die Darstellung aus diesem Praxisfall zeigt, dass zunächst nicht alles Gold ist, was glänzt, weswegen die Wahl eines Azubis gut durchdacht sein muss. In diesem Fall ging es um ein junges Mädchen (10. Klasse Realschulabschluss), welches kurz vor ihrem Schulabschluss stand und zunächst ein Praktikum machen wollte. Dieses führte sie durch und hinterließ aufgrund ihrer guten Arbeit und ihres positiven Verhaltens einen sehr guten Eindruck beim Unternehmen. Das Mädchen wollte dann auch die Ausbildung im selben Betrieb machen. Das Unternehmen durfte zu diesem Zeitpunkt noch keine Azubis ausbilden, doch wollte das Unternehmen unbedingt das Mädchen als Azubi haben, weswegen der Inhaber alle erforderlichen Schritte (Ausbildereignungsprüfung usw.) einleitete, um ausbilden zu können. Als der Vertrag dann unterschrieben war, wendete sich das Blatt und der neue Azubi wurde plötzlich unzuverlässig, kam zu spät oder gar nicht und die Qualität ihrer Arbeit ließ ebenfalls stark nach. Daraufhin blieb dem Unternehmen nichts anderes übrig, als das Mädchen noch in der Probezeit zu kündigen. Vor Vertragsunterschrift hatte der Unternehmer bereits ein schlechtes Bauchgefühl, denn für den Azubi bedeutete dieser Vertrag einen Umzug und eigenständiges Leben und Wohnen am Arbeitsort mit ihrem Freund in einer Mietwohnung. Die Berufsschule war ein paar hundert Kilometer entfernt, obwohl Betriebs- und Wohnort gleich waren. Im Nachhinein hatte das schlechte Bauchgefühl sich bestätigt.

Tipps, um so eine Situation zu verhindern:

  1. Lesen Sie hier, was Sie beim Praktikanten finden beachten müssen!
  2. Assessment-Center durchführen: Hierbei können die potenziellen Azubis auf Herz und Nieren getestet werden.
  3. Vorher prüfen, ob der Azubi später übernommen werden kann.
  4. Prüfen, wo sich die Berufsschule befindet und welche zusätzlichen Kosten und Umstände für den Azubi und das Ausbildungsunternehmen dadurch entstehen können.
  5. IHK mit ins Boot holen, um Hilfe zu erhalten.

Voraussetzungen für die Ausbildung

Sobald Sie für sich geklärt haben, dass Sie junge Menschen ausbilden möchten, sollten Sie sich damit beschäftigen, ob Sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Je nach Betrieb und Branche können diese sehr unterschiedlich aussehen. Prüfen Sie anhand dieser Checkliste:

 ✓ Voraussetzung erfüllt?
Verfügt ein Mitarbeiter über die Meisterprüfung? (Nur in bestimmten Handwerkszweigen notwendig)
Ist ein eigener Arbeitsplatz für den Auszubildenden vorhanden?
Sind alle für die Ausbildung notwendigen Geräte und Arbeitsmittel vorhanden?

Liegen die einschlägigen Gesetze (Berufsbildungsgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz) sowie die Ausbildungsordnung des gewählten Berufs im Betrieb vor?
Sind genügend Fachkräfte vorhanden, um die Ausbildung zu gewährleisten? (1 – 2 Fachkräfte für 1 Azubi, 3 – 5 Fachkräfte für 2 Azubis, 6- 8 Fachkräfte für 3 Auszubildende, je drei weitere Fachkräfte für einen weiteren Auszubildenden)
Sind Ausbildender und Ausbilder persönlich geeignet? (in der Vergangenheit weder straffällig geworden noch mehrfach gegen das BBiG verstoßen)
Liegt die fachliche Eignung des Ausbilders vor? (Mindestalter 25 Jahre und abgeschlossene Berufsausbildung)
Ist der Ausbilder arbeitspädagogisch geeignet?
Gibt es ein Berufsbild, das Sie in Ihrem Betrieb voll ausbilden können? Falls nicht, können Sie die Ausbildung zusammen mit Ausbildungspartnern oder überbetrieblichen Stellen abdecken?

Tipp

Sprechen Sie am besten zunächst in Ruhe mit dem Ausbildungsberater der für Sie zuständigen Kammer (IHK oder HWK) darüber, welche Voraussetzungen Sie konkret erfüllen müssen, um ausbilden zu dürfen. Dort werden Sie gewöhnlich mit offenen Armen empfangen, denn den Kammern ist ja daran gelegen, neue Ausbildungsplätze zu schaffen.

Die arbeitspädagogische Eignung

Die Forderung nach der sogenannten arbeitspädagogischen Eignung steckt in § 30 Abs. 1 BBiG: „Fachlich geeignet ist, wer die beruflichen sowie die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt […]“. Dafür reicht es nicht, schon einmal einen Auszubildenden angeleitet zu haben. Jeder Ausbilder muss diese Fertigkeiten zwingend in der Ausbildereignungsprüfung gemäß AEVO nachweisen. Diese besteht aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil und berechtigt anschließend zur Ausbildung.

Hinweis

Der sogenannte AdA-Schein („Ausbildung der Ausbilder“) ist oftmals Teil von Aufstiegsfortbildungen (z. B. Meister, Fachkaufmann, Fachwirt). Es reicht aus, wenn Sie die Prüfung im Rahmen dieser Weiterbildung absolviert haben.

Sie können jederzeit auch ohne Prüfungsvorbereitung an der Prüfung nach der AEVO teilnehmen. Wir empfehlen Ihnen allerdings, sich vorher bei der IHK oder HWK zu einem entsprechenden Kursus anzumelden. Der schriftliche Teil, der in Form eines Multiple Choice-Tests durchgeführt wird, ist meist weniger das Problem – er ließe sich auch im Selbststudium vorbereiten. In der Praxis fallen aber viele durch, weil sie sich auf die praktische Prüfung und das mündliche Fachgespräch nicht ausreichend vorbereitet haben bzw. im Vorfeld nicht genau wussten, was von ihnen erwartet wird.

Lesen Sie unseren Artikel "Azubimangel: Lehrlingsmangel statt Lehrstellenmangel" in den GründerNews!

Lehrlingsmangel jetzt lesen!

Häufig gestellte Fragen

Wie wird mein Betrieb zum Ausbildungsbetrieb?

Zunächst sollten Sie als Betrieb alle notwendigen Geräte, Maschinen und Mittel zur Verfügung stellen können, mit denen der Azubi arbeiten muss. Dadurch kann dieser alle erforderlichen Fähigkeiten für seinen zukünftigen Beruf erlernen. Weiterhin müssen auch alle notwendigen Kenntnisse für den Beruf vermittelt werden. Ist dies nicht vollumfänglich möglich, kann im Verbund ausgebildet werden. Das bedeutet, dass ein Zusammenschluss mit anderen Betrieben erfolgt, um dem Azubi die komplette Ausbildung bieten zu können. Weiterhin benötigen Sie genug Fachkräfte, um den Azubi auszubilden. In machen Berufen benötigen Sie zudem auch den Meisterbrief, dafür benötigt er allerdings spezielle fachliche und persönliche Kompetenzen. Zusätzlich muss dann die Ausbildereignungsprüfung abgelegt werden oder auch Ausbildung zum Ausbilder (AdA), diese ist Pflicht.

Wie finde ich gute Azubis?

Um gute Azubis zu erhalten, sollten Sie als Ausbildungsbetrieb aktiv werden und auf die potenziellen Azubis zugehen. Früh und effektiv geht das mithilfe von Schulkooperationen. Dabei haben Sie als Betrieb unmittelbar Kontakt mit Schülern, welche in naher Zukunft den Schulabschluss machen und wahrscheinlich noch einen Ausbildungsplatz suchen. Dies kann z.B. durch Betriebsführungen oder Vorträgen passieren. Der Betrieb sollte außerdem in den lokalen Medien präsent sein, sowie in der heutigen Zeit auch in den sozialen Netzwerken aktiv. Wenn Sie offene Ausbildungsplätze melden, dann ist die Chance auf mehr Bewerber höher. Auch die eigenen Mitarbeiter könnten Ausschau nach Azubis halten.

Was muss beachtet werden, wenn es mit dem Azubi doch nicht passt?

Wenn dem Azubi gekündigt werden soll, dann ist entscheidend, ob dieser sich noch in der Probezeit befindet oder diese bereits abgelaufen ist. Innerhalb der Probezeit hat der Ausbildungsbetrieb die Möglichkeit, den Azubi auf seine Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Passt diese nicht, so kann er gekündigt werden. Nach der Probezeit kann eine Kündigung nur aus einem wichtigen Grund und ohne Einhaltung einer Frist erfolgen. Wenn ein Azubi sich wiederholt im Betrieb oder der Berufsschule verspätet trotz Abmahnung, ist dies z.B. ein Grund für eine Kündigung. Allgemein beschrieben, sind wichtige Gründe solche, die das Ausbildungsziel gefährden oder das weitere Arbeitsverhältnis unzumutbar machen.

Für die Ausbildung von Lehrlingen müssen lediglich einige wenige Voraussetzungen erfüllt werden. Sind diese erfüllt, steht man als Ausbildungsbetrieb nicht alleine da, denn die IHK hilft auch bei bestehenden Ausbildungsverhältnissen. Sie als Unternehmen brauchen also keine Scheu zu haben, zu einem Ausbildungsbetrieb zu werden.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.