Alles, was recht ist: Arbeitsrecht für Existenzgründer

Das deutsche Recht kennt rund 60 Gesetze, die sich auf das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auswirken. Als Existenzgründer müssen Sie nicht jede Einzelregelung für spezielle Arbeitsverhältnisse kennen. Aber zumindest im Überblick sollten Sie die wichtigsten Regelungen, die auf jedes Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, schon einmal gehört haben.

Arbeitszeiten & Erholung

Um zu gewährleisten, dass sich Arbeitnehmer in ausreichendem Maße erholen können, hat der Gesetzgeber zahlreiche Regelungen geschaffen:

ThemaWichtigste Regelungen im Überblick
Arbeitszeit (ArbeitszeitG)
  • Arbeitszeit: Arbeitszeit pro Tag höchstens 8 Stunden; Verlängerung auf 10 Stunden pro Tag möglich, wenn der Durchschnitt innerhalb von sechs Monaten bei 8 Stunden liegt
  • Ruhepausen: mindestens 30 Minuten bei mehr als sechs Stunden Arbeitszeit, mindestens 45 Minuten bei mehr als neun Stunden Arbeitszeit (Aufteilung in mehrere Pausen zu je mindestens 15 Minuten möglich)
  • Ruhezeiten: mindestens 11 Stunden Ruhezeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn am nächsten Tag; in einzelnen Branchen Verkürzungen möglich
  • Bereitschaftsdienst/Arbeitsbereitschaft: bei vorgegebenem Aufenthaltsort in- oder außerhalb des Unternehmens ist die Arbeitszeit zu vergüten und die Ruhezeit zu beachten (Bereitschaftsdienst gilt nicht als Ruhezeit)
  • Rufbereitschaft: gilt nicht als Arbeitszeit, nur ein tatsächlicher Arbeitseinsatz ist zu vergüten.
  • Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen: Arbeit von 0.00 bis 24.00 Uhr an Sonn- und Feiertagen ist nicht erlaubt; Ausnahmen sind für einige Branchen und Gewerbe möglich
Urlaub (BUrlG)
  • Anspruch auf Mindesturlaub von 24 Werktagen bei einer 6-Tage-Woche (entspricht 20 Tagen bei 5-Tage-Woche)
  • Teilzeitkräfte erhalten anteilig Urlaubsanspruch in Abhängigkeit von der Anzahl der Arbeitstage
Wartezeit für Erwerb des vollen Urlaubsanspruchs von sechs Monaten

 

Eltern, Kinder & Familie

Möchten Arbeitnehmer ihr Kind selber betreuen oder einen Familienangehörigen pflegen, können sie sich hierfür vom Arbeitgeber freistellen lassen:

Mutterschutz (MuSchG)

Es gibt umfangreiche Schutzvorschriften für werdende und stillende Mütter, zum Beispiel:

  • maximal 8,5 Arbeitsstunden pro Tag (90 Stunden in zwei Wochen)
  • Beschäftigungsverbot für Sonn- und Feiertage, Nachtarbeitsverbot ab dem fünften Schwangerschaftsmonat (20.00 – 6.00 Uhr), branchenbezogene Ausnahmen sind möglich
  • Mutterschutz (Freistellung der werdenden Mutter sechs Wochen vor der Entbindung und acht bzw. zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten nach der Entbindung)
  • Kündigungsverbot während der Schwangerschaft bis mindestens vier Monate nach der Entbindung

Elternzeit (BEEG)

Pro Kind können die Eltern bis zu drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen, um ihre Kinder selbst zu betreuen und zu erziehen. Es ist möglich, einen Teil der Elternzeit auf einen späteren Zeitpunkt bis zum achten Lebensjahr zu übertragen. Väter und Mütter können die Elternzeit gleichermaßen in Anspruch nehmen. Der Arbeitnehmer muss die Elternzeit schriftlich beantragen.

Familienpflegezeit (FPfZG)

Möchten Arbeitnehmer einen Familienangehörigen pflegen, können sie ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Wochenstunden verringern, zeitlich befristet auf 24 Monate. Auch eine vollständige Freistellung, kombiniert mit einem zinslosen KfW-Darlehen, ist möglich.

Jugendliche und Auszubildende (JArbSchG, BBiG)

Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt, in welchem Umfang Minderjährige arbeiten dürfen. Vorgesehen ist frühestens ab dem 13. Geburtstag eine stundenweise Beschäftigung mit Genehmigung der Eltern.

Wichtige Regelungen im Überblick:

  • Arbeitsverbot für Kinder zwischen 18.00 und 8.00 Uhr, für Jugendliche zwischen 20.00 und 6.00 Uhr (branchenbezogene Ausnahmen möglich)
  • Beschäftigungsverbot an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen (branchenbezogene Ausnahmen möglich)
  • Arbeit ab 13 Jahren pro Woche höchstens 10 Stunden pro Woche, 2 Stunden pro Tag (im landwirtschaftlichen Familienbetrieb 3 Stunden täglich, 15 Stunden pro Woche)
  • Jugendliche ab 15 Jahren maximal 8 Stunden pro Tag bzw. 40 Stunden pro Woche
  • Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei 4,5 bis 6 Stunden und 60 Minuten bei mehr als 6 Stunden Arbeitszeit
  • Ruhezeit von mindestens 12 Stunden
  • nach Alter gestaffelter Urlaubsanspruch von bis zu 30 Werktagen

Zudem regelt das Berufsbildungsgesetz zahlreiche spezielle Regelungen rund um das Ausbildungsverhältnis (z. B. Kündigungsmodalitäten, Freistellung für die Berufsschule, Vergütung).

Entgeltfortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall (EntgFZ)

Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfall das Entgelt weiterbezahlt, das ihm ohne Arbeitsausfall für diesen Tag zugestanden hätte. Der Anspruch besteht unabhängig von der vereinbarten Wochenarbeitszeit (sogar beim Minijob), jedoch maximal sechs Wochen lang.

Tipp: Kleinere Unternehmen zahlen mit der Entgeltabrechnung in die Umlage U1 ein und können sich dadurch je nach Krankenkasse bis zu 80 Prozent des fortgezahlten Entgelts im Krankheitsfall erstatten lassen.

Höhe der Vergütung

Grundsätzlich unterliegt die Höhe der Vergütung, die Sie dem Arbeitnehmer zahlen, der freien Verhandlung. Seit 2015 gibt es allerdings den Mindestlohn, der auf die meisten Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist. In welcher Höhe und Form Sie die Vergütung auch immer vereinbaren, Sie müssen sicherstellen, dass Sie diesen nicht unterschreiten. Ab 2020 liegt der Mindestlohn bei 9,35 Euro je Stunde.

Arbeit auf Abruf: Das müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten

Arbeit auf Abruf ist eine besondere Form der Arbeitsvereinbarung. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers passt sich dabei dem aktuellen Arbeitsanfall an. Das bedeutet auf der einen Seite Flexibilität für Arbeitgeber und -nehmer. Auf der anderen Seite gibt es auch Einiges zu beachten, denn die Regelungen betreffen Arbeitnehmerschutz und Beitragspflicht.

Arbeit auf Abruf ist besonders für den Arbeitgeber eine gute Lösung Leistungen an den Arbeitsanfall anzupassen. Dazu wird im Idealfall eine bestimmte wöchentliche und tägliche Arbeitszeit festgelegt und ein dazugehöriger Stundenlohn. In der Realität sieht das aber oft anders aus. Dann wird nur der Stundenlohn festgelegt - weder Urlaubszeit noch festgelegte Arbeitszeit stehen im Arbeitsvertrag. So ein Vertrag ist schnell gemacht, doch es gibt bei der Abrufarbeit Wichtiges zu beachten.

Gesetzlich sind bei der Arbeit auf Abruf bestimmte Mindestanforderungen zu erfüllen. So wird der Schutz des Arbeitnehmers gewährt, und gleichzeitig die vereinbarte Leistung für den Arbeitgeber gesichert. Folgende Punkte sind zu beachten, sollte keine feste Areitszeit vereinbart sein:

  • Es müssen mindestens 3 Stunden am Stück gearbeitet werden, wenn keine tägliche Arbeitszeit vereinbart ist. Das bedeutet auch aufgeteilte Arbeitszeiten, wie morgens zwei Stunden und nachmittags zwei Stunden Arbeit sind nicht zulässig.
  • Der Arbeitgeber muss mindestens 4 Tage im Voraus den Abruf mitteilen. Das bedeutet, er ist verpflichtet die Lage des Arbeitsaufwands rechtzeitig anzukündigen, ansonsten kann der Arbeitnehmer berechtigt die Arbeit verweigern. Mehr zum Thema Recht bei Arbeitszeiten.
  • Es gibt einen Unterschied von Mindestarbeitszeit und Höchstarbeitszeit auf Abruf. Der Arbeitgeber darf bis zu 25% mehr von der vereinbarten Zeit abrufen. Allerdings darf er auch nur bis zu 20% weniger abrufen. Wenn der Arbeitgeber gar keine Leitung abruft, gilt die gesetzliche Fiktion, d.h. der Arbeitgeber muss dennoch Lohn zahlen, auch bei keiner monatlichen Leistung.

Arbeitszeit auch bei Arbeit auf Abruf vereinbaren

Für den Arbeitgeber ist es immer von Vorteil eine feste wöchentliche und tägliche Arbeitszeit zu vereinbaren. Es gibt dafür verschiedene Software zur Zeiterfassung, die Arbeitgebern bei der Einhaltung der Mindestanforderung helfen können. Ohne eine Festlegung, kann es zu ungewollten Versicherungs- und Beitragsverpflichtungen kommen. Wenn nichts außer dem Stundenlohn vereinbart wurde, gilt laut Gesetzgeber eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden.

Das kann für Arbeitgeber besonders gravierende Folgen haben. Denn sollte der Arbeitgeber Leistung unter drei Stunden oder den Abruf nicht vier Tage vorher ankündigen, ist er verpflichtet 20 Arbeitsstunden zum vereinbarten Stundenlohn zu entlohnen.

Das bedeutet auch, dass es eventuell zur ungewollten Versicherungs- und Beitragspflicht kommt. Denn bei 20 Wochenstunden gilt die Beschäftigung immer als versicherungspflichtig. Die Rechnung lautet dann, wenn man den aktuellen Mindestlohn von 9,35 Euro beachtet: 9,35€ x 20 Wochenstunden x 13 Wochen : 3 = 810,33€. Nach diesem monatlichen Entgelt werden die Sozialversicherungsbeiträge berechnet.

Arbeit auf Abruf hat für Arbeitgebende den Vorteil, dass sie weder Über- noch Unterbeschäftigung zu befürchten haben. Sie können flexibel auf Leistungsspitzen innerhalb des Kalenderjahres reagieren, um den Arbeitsanfall gut zu bewerkstelligen. Günstig ist es dabei, eine genaue wöchentliche und tägliche Arbeitszeit festzulegen. Arbeitnehmer sichern so ihr Entgelt und Arbeitgeber regulieren die Beschäftigung.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.