Am von Torsten in kurz notiert geschrieben und am 06.04.2023 um 13:46 aktualisiert
Daniel Reich im Interview

Steuerberater beantwortet Fragen zur Corona-Soforthilfe

Die diversen Soforthilfen vom Bund und vom Land sorgen bei vielen Selbständigen und Freiberuflern für Erleichterung, aber auch für viele offene Fragen. Nicht zuletzt deshalb, weil jedes Bundesland seine eigenen Regeln erlässt.

Steuerberater Daniel Reich
Steuerberater Daniel Reich beantwortet die wichtigsten Fragen zur Corona-Soforthilfe.
© Daniel Reich

Wir haben Steuerberater Daniel Reich von der Steuerberatungsgesellschaft Wagria GmbH gefragt, was bei der Beantragung der Zuschüsse zu beachten ist und wie diese steuerlich behandelt werden.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein um die Soforthilfe beantragen zu können?

Zunächst ist zu unterscheiden zwischen Soforthilfen des Bundes und der Soforthilfen der Bundesländer. Die Unterscheidung ist manchmal nicht ganz einfach, da auch die Bundesmittel über die Länder ausgegeben oder die Programme kombiniert werden.

Antragsberechtigte für die Bundesmittel sind Solo-Selbständige, Angehörige der Freien Berufe und kleine Unternehmen einschließlich Landwirte mit bis zu zehn auf Vollzeitkräfte umgerechnete Beschäftigte, die wirtschaftlich am Markt als Unternehmen tätig sind. Sie müssen ihre Tätigkeit vom Inland aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sein. Zudem müssen die Unternehmen bereits länger bestehen und dürften nicht schon vor der Coronakrise in Schwierigkeiten gewesen sein.

Bei den Landesmitteln ist es oft ähnlich, kann aber auch abweichen. Hier sind die Voraussetzungen im jeweiligen Bundesland gesondert zu prüfen. Allerdings kann auch dies aktuell schwierig sein, da momentan aufgrund der schnellen Umsetzung der Hilfsprogramme noch vieles unklar ist. Das gilt im Übrigen auch für die Bundesmittel und beeinflusst natürlich alle meine Antworten.

Muss ich einen Liquiditätsengpass haben um Soforthilfe beantragen zu können oder reicht bereits ein Auftrags- und damit einhergehender Umsatzrückgang?

Grundsätzlich fordert der Bund einen Liquiditätsengpass, denn die Soforthilfe ist für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen in Folge der Coronakrise gedacht. Die Unternehmen müssen in eine existenzielle Notlage geraten sein.

Allerdings sind die Anträge in den Bundesländern sehr unterschiedlich gestaltet. So ist in dem Antrag von Schleswig-Holstein zum Beispiel auch die Möglichkeit, dass der Betrieb aus behördlicher Anordnung geschlossen wurde, gegeben. In Hamburg hingegen kann es ausreichend sein, dass die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 11. März krisenbedingt weggefallen sind oder ein Umsatz- oder Honorarrückgang von mind. 50 Prozent vorliegen muss. Wenn diese Punkte zu existenzbedrohlichen Liquiditätsengpässen geführt haben, soll es die Unterstützung geben.

Kann ich auch Soforthilfe beantragen, wenn ich zwar noch liquide bin, mir aber zunehmend die Aufträge wegbrechen?

Das ist derzeitig noch etwas unklar. Nach den uns aktuell vorliegenden Informationen des Bundes gehen wir aber davon aus, dass ein Liquiditätsengpass bereits vorliegen muss. Der Antragsteller muss versichern, dass er durch die Coronapandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Es muss damit gerechnet werden, dass die Angaben zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden.

Wie berechne ich die Höhe des entstandenen Liquiditätsengpasses und kann diesen nachweisen?

Auch dies ist momentan schwierig zu sagen, da nicht bekannt ist, was als Nachweise akzeptiert werden wird. Beim Antrag ist zunächst nur zu versichern, dass ein Liquiditätsengpass eingetreten ist. Man kann aber davon ausgehen, dass anhand der konkreten Zahlen des Unternehmens und dessen Auswertungen zu einem späteren Überprüfungszeitpunkt ziemlich genau nachvollzogen werden kann, wie die Lage zum Zeitpunkt der Antragstellung gewesen ist. Zudem bieten sich sicher Kontoauszüge, Kassennachweise und Nachweise über die aktuellen laufenden Verpflichtungen, wie Darlehens-, Leasing oder Mietverträge an.

Zur Ermittlung des entstandenen Liquiditätsengpasses sollte man die vorhandenen betrieblichen liquiden Mittel und ggf. zu erwartenden Gelder den bestehenden Ausgaben, wie z. B. Miete/Pacht, Darlehens- und Leasingraten aber auch für Versicherungen und Steuerberater gegenüberstellen. Ergibt dies einen negativen Betrag, besteht ein Liquiditätsengpass.

Steht mir Soforthilfe auch dann zu, wenn ich "nur" nebenberuflich selbständig bin?

Nein, auch wenn es hier ebenfalls nicht überall klare Aussagen zu gibt, ist davon auszugehen, dass es die Bundes- und auch die meisten Landeshilfen nur für im Haupterwerb tätige Unternehmer gibt. In der Richtlinie zur Corona-Soforthilfe von Sachsen steht z. B. explizit, dass mit Nebengewerbe tätige Unternehmer, Solo-Selbständige und Freiberufler nicht hilfeberechtigt sind. In Baden-Württemberg ist es in den Richtlinien etwas offener gestaltet. Hier heißt es: Solo-Selbständige sind insoweit antragsberechtigt, als dass sie mit ihrer selbständigen Tätigkeit das Haupteinkommen oder zumindest ein Drittel des Nettoeinkommens eines Haushalts bestreiten. Was bedeutet, dass Selbständigkeiten im niedrigschwelligen Nebenerwerb nicht gefördert werden.

Muss ich zunächst mein Privatvermögen aufbrauchen, bevor ich einen Zuschuss beantragen kann?

Auch dies ist derzeitig nicht ganz klar. Die überwiegende Meinung geht wohl davon aus, dass dies nicht der Fall ist. Es handelt sich ja um Unterstützungen für die Unternehmen. Allerdings schreibt z. B. das niedersächsische Förderinstitut NBank, dass vor Inanspruchnahme der Soforthilfe verfügbares liquides Vermögen einzusetzen ist. Nicht mit anzurechnen sind dort langfristige Altersversorgungen, Aktien, Immobilien oder Mittel, die für den Lebensunterhalt benötigt werden.

Laut dem hessischen Wirtschaftsministerium hingegen muss ein "massiver finanzieller Engpass im betrieblichen Bereich entstanden sein". Das könnte man so interpretieren, dass im privaten Bereich liquide Mittel vorhanden sein dürfen. Auch müssen private Rücklagen, wie z. B. die Lebensversicherung, nicht aufgebraucht werden, um den Zuschuss zu beantragen. Siehe dazu auch Privatbuchungen!

Darf ich den Zuschuss als Solo-Selbständiger oder Freiberufler verwenden um private Kosten wie die Miete und Lebensmittel zu bezahlen?

Ein sehr viel diskutierter Punkt, der wohl abschließend noch nicht ganz geklärt ist. Allerdings stellt sich immer mehr heraus, dass dies wohl nicht der Fall ist. Während die Fördermittel ausgebende Investitionsbank in Schleswig-Holstein noch am Freitag informierte, dass auch die privaten Unterhaltskosten in der Soforthilfe mit eingeschlossen sind, gibt es zwischenzeitlich einen Widerruf dieser Information.

Das schleswig-holsteinische Finanzministerium hat wenige Tage später klargestellt, dass es sich um einen betrieblichen Sach- und Finanzaufwand handeln muss. In Baden-Württemberg hingegen ist in einer Fußnote der Förderrichtlinien explizit aufgeführt, dass bei Personengesellschaften, wie z. B. GbR, KG oder OHG auch ein Pauschalbetrag für den Lebensunterhalt zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten hinzugezählt werden kann.

Wenn es auch im Privatbereich zu Engpässen kommt, ist hierfür die Grundsicherung zuständig. Die Zugangsmöglichkeiten sollen entsprechend gelockert worden sein.

Wie berechne ich die Kosten für meinen Lebensunterhalt? Kann ich eine Pauschale ansetzen?

Wie bereits oben geschrieben, ist der Lebensunterhalt in den meisten Fällen nicht durch die Soforthilfe gedeckt. In dem genannten Fall von Baden-Württemberg ist in den Förderrichtlinien von einem kalkulatorischen Pauschalbetrag von 1.180 Euro pro Monat die Rede. Den gleichen Betrag findet man auch in Niedersachsen, aber auch hier beschränkt auf Personengesellschaften.

Kann ich sowohl Zuschüsse vom Bund als auch vom Land beantragen?

Ja, es können sowohl Bundes- als auch Landeszuschüsse beantragt werden. Diese werden in der Regel auch nebeneinander gewährt. Wobei hier wieder die speziellen landesrechtlichen und auch die De-minimis-Regelungen zu berücksichtigen sind.

Was bedeutet De-minimis und was muss ich dabei beachten?

De-minimis ist ein Begriff aus der Fördermittelbereich. Zusammenfassend gesagt geht es darum, dass aufgrund von EU-Regelungen Fördermittel von EU, Bund und Land einen bestimmten Umfang nicht überschreiten dürfen.

Zur Vereinfachung der Prüfung dieser De-minimis-Regelung ist bei den darunterfallenden Beihilfen eine sogenannte De-minimis-Erklärung abzugeben. In dieser Erklärung sind alle De-minimis-Beihilfen anzugeben, die ein Unternehmer bzw. ein Unternehmen in einem gewissen Zeitraum, in der Regel die letzten drei Jahre, erhalten hat.

Die Erklärung sollte unbedingt vollständig abgegeben werden. Denn auch hier gilt: Bei falscher Abgabe kann es sich um Subventionsbetrug handeln.

Müssen Zuschüsse zurückgezahlt werden?

Wer die Bundeszuschüsse aus den Corona-Soforthilfen rechtmäßig erhalten hat, muss sie nicht zurückzahlen. Bei den Landeszuschüssen gelten auch hier wieder ggf. abweichende Regelungen. Wer die Zuschüsse jedoch zu Unrecht erhalten hat, muss mit einer Rückforderung rechnen. Wer die Mittel aufgrund von unrichtigen Angaben erhält, muss zudem mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Lesen Sie hier mehr zum Thema Corona Soforthilfe zurückzahlen!

Muss ich Zuschüsse zurückzahlen, wenn ich trotz der Soforthilfe innerhalb der nächsten Wochen pleite gehe?

Nein, auch damit ist nicht zu rechnen. Es sei denn, dass die Fördermittel zu Unrecht ausgezahlt wurden. Dann ist auch in diesem Fall mit einer Rückforderung zu rechnen.

Zählen die ausgezahlten Zuschüsse zu den Betriebseinnahmen?

Ja, der Zuschuss ist als Betriebseinnahme zu erfassen und wird als solche versteuert. So ähnlich wie es beim Gründungszuschuss geregelt ist.

Sind die Zuschüsse steuerfrei oder unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt?

Die Zuschüsse sind weder steuerfrei, noch unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt. Denn der Zuschuss ist grundsätzlich als Betriebseinnahme steuerpflichtig. Allerdings wirkt sich das erst dann aus, wenn die Steuererklärung für 2020 eingereicht werden muss. Also frühestens im nächsten Jahr. Und nur dann, wenn im Jahr 2020 ein positiver Gewinn erwirtschaftet wurde, wird auf den Zuschuss der individuelle Steuersatz fällig.

Kann es sein, dass die Fördermittel ausgehen, bevor man den Antrag gestellt hat?

Das ist schwer zu sagen. Grundsätzlich können immer Fördermittel ausgehen, bevor jeder seinen Antrag gestellt hat. Insbesondere das Förderprogramm des Bundes ist aber recht üppig ausgestattet, so dass vorerst zumindest nicht damit gerechnet werden muss, dass die Gelder ausgehen. Auch dürfte die Politik ein großes Interesse haben, dass jeder, der zu Recht die Fördermittel beantragt, sie auch bekommt. Ähnlich ist es bei den Landesfördermitteln. Ganz ausschließen will ich es aber nicht.

Was kann ich tun, wenn mein Förderantrag abgelehnt wird?

Es wird grundsätzlich die Möglichkeit für einen Widerspruch geben. Man sollte im Ablehnungsfall genau prüfen, ob alle Angaben im Antrag richtig und vollständig gemacht wurden und warum es zur Ablehnung gekommen ist. Mit dem Ergebnis gilt es dann zu schauen, ob ein Widerspruch oder gar ein anderes Mittel zur Änderung der Entscheidung führen kann. Ich empfehle in diesem Fall einen Steuerberater zu konsultieren, der sich mit diesem Thema auskennt. Lesen Sie hier den Artikel zu Corona Soforthilfe abgelehnt, was tun?

Hilft mir mein Steuerberater beim Ausfüllen des Antrags für die Soforthilfe?

Ob das jeder Steuerberater macht, kann ich natürlich nicht sagen. Wir als Steuerberatungsgesellschaft Wagria unterstützen unsere Mandanten wo wir nur können, insbesondere in Krisensituationen. Da gehört natürlich auch die Beratung zu den möglichen Hilfen in der Coronakrise und auch die Beantragung der Soforthilfe dazu. Es gibt aber auch Kollegen, die sich dem Thema Soforthilfe nicht annehmen. Sehr interessant auch die Frage, was muss man tun, wenn man einen guten Steuerberater sucht und benötigt man unbedingt einen Steuerberater, denn man könnte seine Steuererklärung auch selber machen!

Was passiert, wenn ich die Zuschüsse zu Unrecht beantragt und erhalten habe?

Wie bereits oben angedeutet, können die Gelder, die zu Unrecht vereinnahmt worden sind, zurückgefordert werden. Sofern nur dies geschieht, hat man vielleicht noch Glück. Es muss aber insbesondere bei falschen Angaben auch damit gerechnet werden, dass dies strafrechtlich verfolgt wird. Ich bin kein Rechtsanwalt, aber es dürfte sich um Strafverfahren wegen Subventionsbetrug oder falscher Versicherung an Eides statt handeln. Und das ist kein Kavaliersdelikt. Subventionsbetrug in besonders schweren Fällen kann mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden. Bei leichtfertiger Tatbegehung gibt es Freiheitsstrafen bis sechs Monate oder Geldstrafen.

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Gründerlexikon.de-Autor: Torsten
Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.

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