Wie funktioniert die Gewinnermittlung?

Ob Sie Ihre Steuererklärung selbst erstellen oder sich einen Steuerberater nehmen, spielt keine Rolle – in jedem Fall müssen Sie als Unternehmer einmal jährlich eine Gewinnermittlung abgeben. Kommen Sie dieser Pflicht nicht rechtzeitig bis zum 31. Mai des Folgejahres nach, wird das Finanzamt Sie unsanft daran erinnern. Doch wie genau sieht eine Gewinnermittlung eigentlich aus und wie erstellt man sie mit möglichst wenig Aufwand? Dies zeige ich Ihnen heute etwas genauer.

Die Gewinnermittlungsarten im Überblick

Als Freiberufler dürfen Sie grundsätzlich eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen, unabhängig von der Höhe Ihrer Einkünfte. Als Gewerbetreibender dürfen Sie eine Gewinngrenze von 60.000 Euro sowie eine Umsatzgrenze von 600.000 Euro pro Jahr nicht überschreiten, da Sie ansonsten buchführungs- und bilanzpflichtig werden.

Diese zwei Gewinnermittlungsarten unterscheiden sich grundsätzlich durch ihre Herangehensweise:

  • Einnahmen-Überschuss-Rechnung: Sie stellen die Einnahmen und die Betriebsausgaben gegenüber. Unter dem Strich steht entweder ein Gewinn oder ein Verlust im Sinne von „mehr eingenommen als ausgegeben“.
  • Bilanz: Bei der Bilanz hingegen werden die Bestände verglichen. Sie müssen hierfür nicht nur Ihre Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen, sondern in die Berechnung fließen auch Ihre Vermögenswerte und Schulden ein.

Entscheidend für die Gewinnermittlungsart: Das Wirtschaftsjahr

Die genannten Gewinnermittlungsarten gelten nur bei einem normalen Wirtschaftsjahr von zwölf Monaten. Geben Sie Ihren Betrieb hingegen auf, so wechselt die Gewinnermittlungsart. Auch wenn Sie bisher dazu berechtigt waren, eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu erstellen, so sind Sie nun so zu behandeln, als wären Sie zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich übergegangen (§ 4 Abs. 1 EStG). Der Bestandsvergleich ähnelt einer Bilanz.

Warum auch bei der EÜR ein Steuerberater Sinn macht?

Im Grunde genommen ist eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung eine einfache Angelegenheit. Sie listen auf der einen Seite Ihre Einnahmen auf, auf der anderen Seite Ihre Ausgaben. Dies lässt sich zunächst recht einfach abbilden – im Prinzip reicht sogar eine simple Excel-Datei. Ein kurzes Beispiel zur Gewinnermittlung zeigt die Gliederung auf:

A) Betriebseinnahmen

  1. Umsatzerlöse
  2. Sonstige Erlöse
  3. vereinnahmte Umsatzsteuer

B) Betriebsausgaben

  1. Wareneinsatz
  2. Personalkosten
  3. Sonstige betriebliche Aufwendungen
    1. Raumkosten
    2. Beiträge & Versicherungen
    3. Kraftfahrzeugkosten
    4. Werbe- und Repräsentationskosten
    5. Instandhaltungskosten
    6. Rechts- und Beratungskosten
    7. Bürobedarf, Porto und Telefon
    8. sonstige Aufwendungen
  4. Zinsaufwendungen
  5. verauslagte Vorsteuer

C) Jahresüberschussü(Summe A ./. Summe B)

Sobald Sie allerdings mindestens 17.500 Euro verdienen und nicht der Bilanzierungspflicht unterliegen, müssen Sie zwingend das amtliche Gewinnermittlungsformular verwenden, die Anlage EÜR. Hier wird es schon schwieriger mit den Eintragungen, denn hier werden unter anderem auch diese Informationen abgefragt:

  • private Kfz-Nutzung
  • Veräußerung oder Entnahme von Anlagevermögen
  • Absetzung für Abnutzung (AfA)
  • Raumkosten und Grundstücksaufwendungen
  • betrieblicher Telefonanteil
  • Gewerbesteuer
  • Geschenke
  • Bewirtungskosten
  • Hinzurechnungen

Die meisten Laien kennen sich mit dem Steuerrecht nicht detailliert genug aus, um all diese Felder rechtlich sicher ausfüllen können – man denke nur an die unzähligen Gerichtsurteile alleine zu den Themen 1-Prozent-Regelung und Fahrtenbuch im Bereich der Kfz-Nutzung oder auch zum heimischen Arbeitszimmer. Deshalb wird gewöhnlich empfohlen, sich hierfür einen Steuerberater zu Hilfe zu nehmen, der mit den Formalitäten vertraut ist und Ihnen bei schwierigen Fragestellungen zur Seite steht.

Übrigens: Die Gewinnermittlung beim Kleinunternehmer ist dieselbe wie beim normalen Freiberufler oder Gewerbetreibenden. Da er aber die Umsatzgrenze von 17.500 Euro unterschreitet, darf er statt des amtlichen Gewinnermittlungsformulars auch ein eigenes, einfacheres Formular verwenden.

Welche Software kann für die Gewinnermittlung genutzt werden?

Da Sie in der Regel Ihre Einnahmen-Überschuss-Rechnung ohnehin elektronisch einreichen müssen, ergibt es Sinn, sich einer Software für die Gewinnermittlung zu bedienen. Sie hilft Ihnen, bereits während des Jahres dranzubleiben und Ihren buchhalterischen Aufgaben regelmäßig nachzukommen. Wenn Sie alles richtig buchen, können einige Softwareprodukte den Jahresabschluss sogar mehr oder wenig automatisch erstellen. Das Gründerlexikon hat bereits in zahlreichen anderen Artikeln Buchführungssoftware zur Gewinnermittlung getestet.

Die EÜR ist fertig – und nun?

Mit der Erstellung der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist es noch nicht getan. Das positive oder negative Ergebnis Ihrer Gewinnermittlung müssen Sie nun in das korrekte Formular Ihrer privaten Einkommensteuererklärung übertragen. Je nach der Geschäftsart tragen Sie dieses Ergebnis entweder in der Anlage S (= Einkünfte aus selbstständiger Arbeitü= Freiberufler) oder in der Anlage G (= Einkünfte aus Gewerbebetrieb) ein. Erst jetzt wird Ihr Gewinn oder Ihr Verlust korrekt in der Ermittlung der Einkommensteuerbelastung berücksichtigt.

Bestandteile der Gewinnermittlung

Abhängig von der Frage, ob der Existenzgründer eine Einnahme-Überschuss- Rechnung (EÜR) oder eine Bilanz erstellen muss, setzen sich diese Gewinnermittlungen ganz unterschiedlich zusammen.

Bilanzierende Unternehmen

So muss der bilanzierende Unternehmer neben der Bilanz eine Gewinn- und Verlustrechnung und  Kapitalgesellschaften zusätzlich einen Anhang, einen Anlagenspiegel sowie einen Lagebericht dem Jahresabschluss hinzufügen. Für die Erstellung einer Bilanz ist eine doppelte Buchführung nötig, welche nach den Vorschriften der GoB erstellt werden muss.

Nichtbilanzierende Untenehmen

Bei nichtbilanzierenden Unternehmern ist eine EÜR ausreichend. Einnahmen und Ausgaben werden nach dem so genannten Zufluss-Abfluss-Prinzip erfasst. Das heißt, sie werden erst ergebniswirksam, wenn tatsächlich Geld geflossen ist. Bei diesen so genannten 4/3 Rechnern ist es nicht notwendig, aber auch nicht verboten, eine doppelte Buchführung zu erstellen. Es genügt, sämtliche Ausgaben gegen die Einnahmen zu rechnen. Dabei sollten aber Abschreibungen gesondert erfasst werden. Ein Lagebericht, Anlagenspiegel, Anhang oder eine Gewinn- und Verlustrechnung ist nicht nötig.

Dieses Prinzip bezeichnet in der Gewinnermittlung eines Unternehmens die Zuordnung der getätigten oder erhaltenen Zahlungen zum entsprechenden Zeitpunkt, in welchem die Betriebsausgabe oder Betriebseinnahme gewinnwirksam wird. Das Zufluss-Abfluss-Prinzip kann aus dem Einkommensteuergesetz abgeleitet werden, wonach Ausgaben in dem Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet wurden. Bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben (10 Tages-Grenze vor und nach dem Jahreswechsel) ist auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit abzustellen. Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben sind demnach in dem Jahr als Betriebsausgabe zu deklarieren, welchem sie wirtschaftlich angehören, sofern sie 10 Tage vor oder nach dem Stichtag gezahlt wurden.

Wer muss bilanzieren und wer nicht?

Zu den nichtbilanzierenden Unternehmen zählen im Übrigen regelmäßig Einzelunternehmen oder die GbR, aber auch Kleinunternehmer. Sie alle gelten, sofern sie nicht im Handelsregister eingetragen sind, nicht als Vollkaufmann und müssen somit die Pflichten der doppelten Buchführung auch nicht erfüllen. Das gilt allerdings nur bis zu bestimmten Umsatz- und Gewinngrenzen, die nicht überschritten werden dürfen.

Zu den bilanzierenden Unternehmen dagegen zählen vorwiegend die Kapitalgesellschaften, wie die GmbH, die AG oder auch der eingetragene Kaufmann (e. K.). Sie haben einen deutlich erhöhten Aufwand bei der korrekten Gewinnermittlung, sowie der Buchführung.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.