Konfliktmanagement: Ersticken Sie Konflikte im Keim!

Konflikte sind in Unternehmen an der Tagesordnung. Ein wichtiger Liefertermin wurde übersehen und zwei Mitarbeiter schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Ein Vorgesetzter behandelt einen Mitarbeiter unfair. Ein Lieferant nimmt konstruktive Kritik persönlich und versucht, sich zu „wehren“.

In den meisten Fällen lösen sich Konflikte entweder selbst auf oder verlaufen irgendwann im Sande. Doch immer wieder kommt es vor, dass Konflikte eskalieren und es zu offenen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten kommt. Je weiter fortgeschritten ein Konflikt ist, desto schwieriger wird es, zwischen den Betroffenen zu vermitteln und einen Konsens herzustellen. Deshalb kommt dem Konfliktmanagement im modernen Unternehmen immer größere Bedeutung zu.

Wie Konflikte entstehen

Grundsätzlich kann jeder Konflikt eskalieren. Grund dafür ist, dass es in jedem Konflikt zum einen die Sachebene gibt, zum anderen aber auch eine persönliche Ebene. Ein einfaches Beispiel: Zwei Mitarbeiter benötigen dasselbe Material, das an der Warenausgabe jedoch nur noch einmalvorrätig ist. Einer geht also leer aus und ist über den Kollegen verärgert, der mit einem höhnischen Grinsen im Gesicht und dem Material von dannen gezogen ist. Auf der sachlichen Ebene ist der Konflikt schnell gelöst, indem das fehlende Material besorgt wird. Auf der persönlichen Ebene jedoch ist der „unterlegene“ Mitarbeiter immer noch verärgert, weil der Arbeitskamerad sich unkollegial verhalten hat.

Damit ein Konflikt entstehen kann, müssen mindestens zwei Parteien unterschiedliche Absichten verfolgen. Dabei können unterschiedliche Ziele ebenso wie verschiedene Wege ursächlich sein. Auch Beziehungskonflikte, die beispielsweise auf Antipathie oder abweichende Rollendefinitionen zurückzuführen sein können, sind eine häufige Ursache von Streitigkeiten.

Entwicklung von Konflikten

Der Konfliktforscher Friedrich Glasl prägte einst das bis heute gültige neunstufige Ebenenmodell der Konflikteskalation, das anschaulich zeigt, wie sich Konflikte entwickeln. Ab einem gewissen Punkt gibt es für die Beteiligten kein „Zurück“ mehr. Ohne fremde Hilfe wird es für beide immer nur noch schlimmer:

9 Ebenen der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl

Ebene

Stufe

Beispiel

win-win-Ebene
(beide Parteien können noch gewinnen)

1. Stufe:  Verhärtung

„Sie haben ja keine Ahnung, wie es mir dabei geht.“

2. Stufe: Polarisation & Debatte

„Sie sind ein inkompetenter Idiot!“

3. Stufe: Taten statt Worte

„Mit dem kann man eh nicht reden!“

win-lose-Ebene
(nur noch ein Beteiligter kann gewinnen)

4. Stufe: Sorge um Image, Koalition

„Haben Sie schon gehört, dass der Müller ab und zu betrunken zur Arbeit erscheint?“

5. Stufe: Gesichtsverlust

„Jetzt hat der Depp schon wieder die Bestellung vergessen.“

6. Stufe: Drohstrategien

„Wenn Sie Ihre Schuld nicht zugeben, werde ich Sie ruinieren!“

lose-lose-Ebene
(ab jetzt können beide nur noch verlieren)

7. Stufe: Begrenzte Vernichtungsschläge

„Auch wenn mir das selbst schaden könnte, wenn es auffliegt, werde ich dem Müller etwas unterschieben.“

8. Stufe: Zersplitterung

„Den Freunden vom Müller werde ich schon noch beweisen, wie dumm der ist.“

9. Gemeinsam in den Abgrund

„Jetzt ist mir alles egal, der Müller muss weg.“

Reagieren Sie mit der Konfliktfrüherkennung frühzeitig auf Konflikte

Sie wissen jetzt, wie Konflikte entstehen und in welchen Stufen sie üblicherweise verlaufen. Um die Eskalation von Streitigkeiten zu verhindern, ist eine zuverlässige Konfliktfrüherkennung wichtig. Je früher Sie bemerken, dass ein Konflikt zwischen zwei oder mehr Ihrer Mitarbeiter oder Geschäftspartner besteht, desto besser können Sie intervenieren und eine Eskalation gegebenenfalls sogar verhindern. Wie Sie Konflikte frühzeitig erkennen, zeigen Ihnen die folgenden Frühwarnzeichen.

Konfliktfrüherkennung: Anzeichen für einen aufkeimenden Konflikt

Für die Konfliktfrüherkennung ist es besonders wichtig, dass Sie Ihr Team beobachten. Fangen Sie regelmäßig die Stimmung Ihrer Mitarbeiter ein und beobachten Sie, wie sie miteinander umgehen. Die folgenden Anzeichen können auf einen aufkeimenden Konflikt hindeuten:

  • vorgebliche Begriffsstutzigkeit
  • Desinteresse an betrieblichen Vorgängen und Besprechungen
  • Zunahme der Gerüchteküche
  • gespielte Überfreundlichkeit gegenüber Kollegen
  • übersteigerter Starrsinn und nicht zu erklärende Uneinsichtigkeit
  • aggressives Verhalten
  • Häufung von zynischen oder sarkastischen Aussagen
  • zunehmende Krankenstände und Häufigkeit von Kurzkrankheiten
  • Störung und Behinderung von Besprechungen
  • gezielte Weitergabe von Falschinformationen
  • Dienst nach Vorschrift
  • Trotzreaktionen
  • offener Widerstand
  • Feindseligkeit, verletzende Worte
  • Auflaufen lassen von Kollegen
  • Initiierung endloser Diskussionen
  • Sabotage von Kollegen
  • Rückzug eines Mitarbeiters aus dem Team, häufige Abwesenheit, geringe Beteiligung
  • starke Zurückhaltung von Kollegen, um Streitigkeiten zu vermeiden
  • Distanziertheit
  • Häufung von Fehlern
  • gegenseitiges Zuschieben der Schuld bei Fehlern
  • Unhöflichkeit untereinander
  • Grüppchenbildung

Besonders relevant sind diese Anzeichen, wenn eine plötzliche Änderung eintritt. Gehen beispielsweise zwei Mitarbeiter plötzlich sehr distanziert oder feindselig miteinander um, die bisher täglich ihre Mittagspause zusammen verbracht haben, sollte Ihnen dies zu denken geben. Können sich zwei Kollegen hingegen von Anfang an nicht „riechen“ und dies bleibt über längere Zeit hinweg konstant, ist dies meist weniger besorgniserregend.

Gehen Sie daher mit offenen Augen durch Ihren Betrieb, überbewerten Sie jedoch einzelne Anzeichen nicht. Häufig lösen sich Konflikte ganz von selbst. Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, bestehende Konflikte zu beobachten und einzugreifen, wenn Sie das Gefühl haben, dass sich die Fronten verhärten.

Prävention von Konflikten

Auch wenn die Konfliktfrüherkennung wichtig ist, können Sie es im Alltag nicht verhindern, dass Streitigkeiten entstehen. Sie können aber zumindest dafür sorgen, dass Ihre Mitarbeiter sich nicht wegen unnötiger Themen streiten. Sie können Konflikte vermeiden, indem Sie für unterschiedlichste Geschäftsprozesse konkrete Regeln vorgeben, beispielsweise für die Verteilung von Urlaub in den Sommerferien. Sie können außerdem genau festlegen, welche Rechte und Pflichten, Kompetenzen und Vollmachten jeder Mitarbeiter hat. Regeln Sie die Zuständigkeiten, halten Sie die Unternehmensstruktur transparent und verteilen Sie Aufgaben fair. Haben Sie einen Konflikt erst einmal erkannt, sollten Sie richtig vorgehen, um ihn möglichst schnell zu lösen.

Methoden für die Entschärfung und Lösung von Konflikten

In der Praxis lassen sich verschiedene Methoden unterscheiden, mit denen man an Konflikte herangehen kann. Ziel ist dabei stets, den Konflikt zu entschärfen und eine Lösung herbeizuführen. Als mögliche Techniken für die Konfliktlösung gelten beispielsweise:

So beseitigen Sie Streitigkeiten mit einem Konfliktlösungsgespräch

Haben Sie mit den zuvor erklärten Methoden einen eskalierenden Konflikt aufgedeckt, sollten Sie nun zeitnah an einer Lösung arbeiten. Doch wie geht man mit zwei Streithähnen um, die jede Gelegenheit nutzen, um sich wüst zu beschimpfen, oder die gegeneinander intrigieren? Ein Konfliktlösungsgespräch auf „neutralem Boden“ kann helfen, den Konflikt zu entwirren und zu lösen.

Die richtige Atmosphäre ist der Schlüssel

Ein Konfliktlösungsgespräch führen Sie nicht zwischen Tür und Angel. Laden Sie die am Konflikt Beteiligten zu einem festen Termin, beispielsweise in Ihrem Büro oder in einem Besprechungsraum. Die Teilnehmer sollten sich darauf vorbereiten und ihr eigenes Verhalten ebenso wie die Position des „Gegners“ reflektieren. Stellen Sie eine möglichst neutrale und sachliche Atmosphäre her. So können Sie die Weichen dafür stellen, dass das Gespräch so angenehm wie möglich verläuft und Aggressionen nicht noch zusätzlich geschürt werden.

Anschließend übernehmen Sie die Führung des Gesprächs und beginnen zunächst damit, den Verlauf des Konflikts sowie dessen Vorgeschichte zusammenzufassen, soweit Ihnen gesicherte Details vorliegen. Erklären Sie den Teilnehmern auch, in welchen Phasen das Konfliktlösungsgespräch verlaufen wird, damit sie wissen, worauf sie sich einlassen.

Das Konfliktlösungsgespräch: Besprechung der Streitthemen

Jedes Konfliktlösungsgespräch sollte in mehreren Phasen verlaufen:

5 Phasen eines Konfliktlösungsgesprächs

Einverständnis

Grundvoraussetzung für den Erfolg des Konfliktlösungsgesprächs ist die Bereitschaft der Parteien zur Mitarbeit. Zunächst sollten diese also erklären, dass sie bereit sind, gemeinsam an einer der Lösungen zu arbeiten.

Standpunkte

Jede beteiligte Partei erhält nun die Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen. Wichtig ist dabei, dass es keine Störungen durch die Gegenseite gibt. Diskussionen über die Streitpunkte müssen an dieser Stelle unbedingt vermieden werden, um das Gespräch nicht zu gefährden. Sie würden den Konflikt sofort wiederauflodern lassen. Beide Streitparteien erklären ihren Standpunkt nacheinander, nicht parallel.

Einigkeit und Uneinigkeit

Nach der Schilderung der Positionen lässt sich erfassen, in welchen Punkten die Parteien übereinstimmen und in Hinblick auf welche Streitpunkte sie sich uneinig sind. Die Uneinigkeiten sind der Gegenstand des nachfolgenden Gesprächs.

Lösungsfindung

Zu jedem einzelnen Konfliktthema sind nun Lösungen zu suchen. Zunächst sollte völlig wertfrei nach möglichen Lösungsansätzen gesucht werden. Eine Bewertung der Lösungsvorschläge findet erst im zweiten Schritt statt. Sind die Lösungen in der Praxis umsetzbar, stellt sich die Frage, mit welchen Lösungen sich beide Parteien abfinden können. Ziel des Gesprächs ist, dass sich die Konfliktparteien für jedes Konfliktthema auf eine passende Lösung einigen.

Kontrolle

Zum Ende des Gesprächs sollte unter allen Anwesenden ein schriftlicher Beschluss gefasst werden, in dem alle gefundenen Lösungen festgehalten und unterschrieben werden. Zudem wird ein Termin für ein Kontrollgespräch vereinbart. Nach einiger Zeit gibt es eine Fortsetzung des Konfliktlösungsgesprächs, in dem die Durchführung der Lösungen sowie der Stand des Konflikts evaluiert werden.

Emotionale Ebene nicht vergessen

Das Konfliktlösungsgespräch dient vor allem der Findung von Lösungen auf der Sachebene. Da aber jeder Konflikt stets auch auf einer emotionalen, persönlichen Ebene ausgetragen wird, führt das Gespräch gewöhnlich kein sofortiges Ende des Konflikts herbei, auch wenn das sachlich zugrunde liegende Problem beseitigt wurde. Stellen Sie sich daher darauf ein, dass Sie gegebenenfalls nach einigen Tagen oder auch Wochen erneut Einzelgespräche oder ein weiteres Konfliktlösungsgespräch führen müssen, um eine endgültige Annäherung der Streitparteien herbeizuführen.

Analyseschema nach Matzat

Das Analyseschema nach Matzat beruht darauf, einen Konflikt detailliert zu analysieren. Knackpunkt ist dabei eine von vornherein festgelegte zeitliche Grenze, durch die akute Streitereien gar nicht erst aufkommen können. Die Teilnehmer beschreiben den aktuellen und den angestrebten Zustand, ohne jedoch anzugeben, mit welchen Maßnahmen dieser zu erreichen ist. Sie finden Ursachen, finden denkbare Maßnahmen (Brainstorming) und legen die Ziele fest.

Harvard-Methode

Bei der Harvard-Methode handelt es sich um eine Verhandlungstechnik, die leicht abgewandelt auch für die Konfliktlösung herangezogen werden kann. Es geht dabei darum, die beteiligten Menschen (ihre Persönlichkeit) und ihre Interessen getrennt zu betrachten. Die Interessen stehen statt der jeweiligen Positionen im Vordergrund. Alle entwickeln gemeinsam Entscheidungsoptionen und halten dabei objektive Beurteilungskriterien ein.

Mediation

Bei der Mediation wird ein sogenannter „Mediator“, eine unparteiische Person, in die Konfliktlösung einbezogen. In der Regel handelt es sich dabei um unternehmensexterne Berater, die ein freiwilliges Schlichtungsverfahren durchführen. Wichtig ist dabei, dass alle Teilnehmer zur Mediation bereit sind und freiwillig an der Lösung ihres Problems arbeiten wollen. Der Mediator trifft keine Entscheidung, sondern unterstützt die Streitparteien ähnlich wie ein Moderator dabei, eine gemeinsame Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten leben können.

Buchtipp: Die sieben Irrtümer des Change Managements: Und wie Sie sie vermeiden

Mit dem Buch „Die sieben Irrtümer des Change Managements: Und wie Sie sie vermeiden“ wollen die Autoren Willibert Schleuter und Johannes von Stosch aufmerksam darauf machen, wie Veränderungen im Unternehmen wirklich funktionieren. Sie raten davon ab, alleine auf externe Berater zu setzen, denn eine Veränderung nach Vorschrift gibt es nicht. Auch für Sie als Gründer oder junger Unternehmer lassen sich hieraus einige Möglichkeiten ableiten, wie Sie Veränderungen im Unternehmen besser durchsetzen können.

Veränderung ist Chefsache, aber nicht nur

Zunächst einmal sollten Sie sich bewusst machen, dass Sie und Ihre Mitarbeiter miteinander arbeiten. Deshalb sind Sie als Chef nicht der Einzige, dem am Erfolg des Unternehmens liegt. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter mit ein. Fordern Sie sie auf, sich selbst Gedanken über die Zukunft des Unternehmens zu machen.

Regen Sie an, Verbesserungsvorschläge, Veränderungen offen auszusprechen. Vielfach schlummert in Ihren Mitarbeitern ein ungeheures Potenzial. Durch die eigene Sichtweise der Mitarbeiter, die fast immer völlig anders ist, als Ihre eigene können Sie viele kreative Ansätze entdecken, die langfristig zu mehr Erfolg für Ihr Unternehmen führen können.

Nicht nur Berater können helfen

Geben Sie die wichtige Aufgabe des Change Managements nicht einfach an Berater ab, die einen Plan nach Schema F entwickeln. Hinterfragen Sie die einzelnen Schritte genau. Sprechen Sie auch hier wieder mit Ihren Mitarbeitern, sicher wird der eine oder andere einen Punkt finden, an dem der Berater nicht Recht hat oder wo es noch zusätzliche Optimierungen gibt.

Setzen Sie nicht auf Berater, die Ihnen ein Konzept für das aktuelle Problem vorlegen, sondern auf Berater, die Ihnen Werkzeuge zeigen, mit denen Sie auch künftig für stete Veränderung und Verbesserung im Unternehmen sorgen. Bedenken Sie außerdem, dass Veränderung sich nicht einfach durchdrücken lässt. Wenn Ihre Mitarbeiter strikt gegen einen Veränderungsvorschlag sind, werden sie diesen nicht korrekt umsetzen. Versuchen Sie also, sinnvolle Vorschläge der Mitarbeiter ins Change Management mit einzubeziehen. Dadurch können Sie besser motivierte Mitarbeiter erwarten.

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Konfliktlösung in der Praxis

Wenn ein Konflikt bereits stark eskaliert ist, kann oftmals nur noch mit neutralen Beratern und entsprechenden Konzepten gearbeitet werden, um die Streithähne wieder zur Ordnung zu rufen. In der betrieblichen Praxis kleinerer Unternehmen werden jedoch kleinere Konflikte, die noch beherrschbar erscheinen, überwiegend im kleinen Kreise geklärt. Die Führungskraft oder der Unternehmensinhaber fungieren dann als Vermittler und bemühen sich um eine Lösung, die für alle Beteiligten akzeptabel ist. Besteht ein Betriebsrat, kann auch dieser als neutrale Person für die Konfliktlösung hinzugezogen werden.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.